Serielles Bauen, also die serienmäßige Vorfertigung von Bauelementen, ist für die öffentliche Hand in den letzten Jahren durch Baupreissteigerungen und Wohnungsnot verstärkt in den Fokus gerückt. Und das nicht grundlos, denn die industrielle Produktion bringt vor allem in Zeiten von Fachkräftemangel, steigenden Baukosten sowie Wohnraummangel große Chancen mit sich:
- Steigende Attraktivität der Baubranche gegenüber möglichen Arbeitnehmern durch wettergeschützte Arbeitsplätze, ein hohes Maß an Arbeitssicherheit, sowie vergleichsweise geringe körperlicher Belastung.
- Die Zulieferung der Vielzahl an Baustoffen und Bauteilen erfolgt logistisch günstig in Form einer Großabnahme und wird genau dokumentiert.
- Minimierung von Energieverbräuchen und Reduzierung des Abfallaufkommens im Werk und folglich auf der Baustelle durch digital gesteuerte und automatisierte Arbeitsvorbereitungs- und Produktionsprozesse.
- Sorgfältige Ausführung durch qualifizierte Fachleute unter ständiger Qualitätskontrolle, zu der sich die Mitglieder des BDF im Rahmen der Qualitätsgemeinschaft Deutscher Fertigbau selbst verpflichten und dabei die gesetzlichen Mindeststandards im Bauwesen übertreffen.
- Zeitumfang sowie Aufwand der Montage und Ausbauarbeiten sind auf ein Minimum reduziert. Dadurch wird der Anlieferverkehr zur Baustelle und der Transport der Baustellenhandwerker auf ein Mindestmaß reduziert.
Herausforderungen in der Öffentlichen Vergabe
Aus der alten konventionellen Rollenverteilung „Der Planer plant, der Bauunternehmer setzt um.“ resultieren für seriell und modular produzierende Unternehmen bei der Öffentlichen Auftragsvergabe allerdings derzeit drei Hürden, die es zu bewältigen gilt, um die Vorteile des seriellen Bauens vollumfänglich zu nutzen:
- Hürde: Bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand wird nach wie vor noch auf die Einzelvergabe gesetzt.
- Hürde: Der Preis ist das bestimmende Kriterium bei den Zuschlagskriterien.
- Hürde: Zwischen Planung und Bau wird getrennt.
Bei der Einzelvergabe wird der serielle und modulare Bau oft von vornherein ausgeschlossen, da bei den seriellen Herstellern eine große Anzahl von Gewerken bereits im Werk zusammen ausgeführt wird. Der Hersteller agiert als Generalunternehmer.
Das billigste Angebot ist oft nicht das wirtschaftlichste. Planungs-, Bauleitungs- und Bauüberwachungskosten sind genauso zu betrachten wie die Bauzeit, Zinsaufwendungen und Betriebskosten.
Planung und Bau müssen frühzeitig zusammenarbeiten. Wird von den Kommunen vorab ein Planer beauftragt, der nicht auch die Chancen serieller Fertigung „vordenkt“, hat dies zur Folge, dass mindestens Umplanungskosten anfallen. Schlimmstenfalls kann das Projekt nicht umgesetzt werden, da beispielsweise Gebäudehöhen nicht funktionieren.
Eine weitere Herausforderung ist die derzeitige Regulatorik. Aktuell gelten sehr hohe Zulassungshürden für innovative Bauweisen, in erster Linie geht es um Bauartzulassungen. Hier benötigen Unternehmen mehr Schnelligkeit bei den Genehmigungsverfahren der neuen Bauweisen durch die öffentlichen Stellen. Dabei muss ganzheitlich gedacht werden: Wenn Bauartzulassungen Monate oder gar Jahre benötigen, werden innovative Chancen nicht genutzt.
Eine Weiterentwicklung der Vergabeverfahren als Lösung
Damit serielles Bauen auch in der Öffentlichen Auftragsvergabe stärker berücksichtigt werden kann, sollte die Öffentliche Hand zukünftig bei Projekten auf eine andere Projektkonzeption setzen und verstärkt Verhandlungsverfahren oder wettbewerbliche Dialoge nutzen. Über das Konstrukt der „integrierten Projektabwicklung“ (IPA) gibt es ein weiteres neues Modell der partnerschaftlichen Abwicklung von Bauprojekten. In der frühen Zusammenarbeit sind Kosten-, Termin-, Qualitäts- und Nachhaltigkeitsziele so besser zu handhaben. Außerdem sollten neue Bewertungskriterien integriert werden, insbesondere aus dem Bereich der Nachhaltigkeit, z. B. das Vorhandensein eines Materialkatasters, eine reduzierte Belastung des Umfelds der Baustelle sowie die Schnelligkeit der Gebäudeherstellung.